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Marten Kantus: Elevator (Review)
Artist: | Marten Kantus |
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Album: | Elevator |
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Medium: | CD/Download | |
Stil: | Progressive Instrumentalmusik, die auch vor Klassik und modernem Jazz nicht zurückschreckt! |
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Label: | Eigenvertrieb (als CD und kostenloser Download) | |
Spieldauer: | 47:07 | |
Erschienen: | 01.07.2012 | |
Website: | [Link] |
Es ist schon eine wundervolle Angewohnheit von mir geworden, gespannt auf die in gewohnter Regelmäßigkeit jedes Jahr neue CD von MARTEN KANTUS zu warten.
Im Vorfeld beschäftigen mich dabei bereits drei Fragen:
Frage 1:
Welche neuen Instrumente wird der Berliner Multiinstrumentalist diesmal zusätzlich spielen, nachdem er auf seinem letzten Album „Nimbus“ solistisch Klarinetten, Flöten, Saxofone, Harmonika, Orgeln, Grand Piano, Synthesizer, Sequencer, Vocoder, elektrische und akustische Gitarren, Bässe, keltische Harfe, Schlagzeuge, Glockenspiel und virtuelles Orchester tatsächlich in kompletter Eigenregie erklingen ließ?
Antwort:
Neu hinzu kamen das Xylophon, Viola sowie Violoncello und Kalimba (Ein Lamellophon, das in der traditionellen afrikanischen Musik verwendet wird, bei dem mehrere Lamellen auf einem Brett oder Resonanzkasten befestigt sind, die gezupft werden.). Bei diesen „neuen“ Instrumenten ist ein musikalischer Wandel unausweichlich!
Frage 2:
Auch wenn jedes Album von MARTEN KANTUS instrumental ist, verfolgt er darauf immer ein Konzept oder bestimmtes Thema. Und außergewöhnlich waren seine thematischen Entscheidungen diesbezüglich immer. Welches Konzept hat er wohl diesmal gewählt?
Antwort:
Diesmal geht es um die Einsamkeit und nicht etwa die Tragik, die sich hinter dem Alleinsein verbirgt, sondern die unglaublich „geistesstiftende Kraft“, die aus dieser Situation entsteht.
Darum beziehen sich die einzelnen Stücke auf die großen Einzelgänger des 20. Jahrhunderts:
Increase (5:18 Minuten) = Hans Henny Jahnn (Er gilt als einer der „großen produktiven Außenseiter des 20. Jahrhunderts“, der als Schriftsteller und zugleich bedingungsloser Pazifist die Grausamkeiten vieler Menschen darstellte und sich sogar dazu hinreißen ließ, in einem seiner Aufsätze den Menschen als „Schöpfungsfehler“ zu bezeichnen!)
Neutrino (8:06) = Martin Heidegger (Als Philosoph verfolgte Heidegger die Absicht, eine kritische Auseinandersetzung mit der abendländischen Philosophie zu fördern, indem er ein neues Menschenbild, das geprägt von Technik und Kunst sein sollte, propagierte, wobei ihm allerdings sein recht unkritischer Umgang mit dem Nationalsozialismus noch heute zum Vorwurf gemacht wird!)
Elevator (16:06) = Gottfried Benn (Ein begnadeter Schriftsteller und Arzt, der besonders in seiner expressionistischen Lyrik die Schrecken seiner Zeit mit bombastischer Sprachgewalt aufgreift!)
Montuiri (4:55) = Friedrich Wilhelm Nietzsche (Der wohl bedeutendste deutsche Philosoph, der besonders durch seine scharfen Kritiken an Moral, Religion, Wissenschaft und verschiedenen Kunstformen Weltruhm erlangte, auch wenn heutzutage die meisten Zeitgenossen ihn größtenteils auf sein unvergessliches Zitat: „Wenn du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht!“, in Verbindung bringen!)
Ivorytower (12:40) = Ludwig Josef Johann Wittgenstein (Wiederum ein Philosoph, der sich besonders mit dem „Logischen Positivismus“ auseinandersetzte und von sich behauptete, dass er „jeden Morgen voller Hoffnung beginne, aber jeden Abend in Verzweiflung beende“!)
Frage 3:
Wie wohl klingt diesmal Kantus' Musik?
Wieder etwas nach OLDFIELD oder VOLLENWEIDER, wofür er ja besonders in der progressiven Rock-Szene so hohes Ansehen genießt?
Antwort:
Ein wenig Angst überkommt einen da schon, wenn man den Titel des Albums liest: Elevator?????
Macht MARTEN KANTRUS jetzt etwa „Fahrstuhl“-Musik! Alles, alles, absolut alles steht diesem Berliner Multiinstrumentalisten zu Gesicht, aber definitiv keine Fahrstuhlmusik. Solche akustische Scheiße soll einen doch einlullen, einschläfern und vielleicht im Kaufhaus auch noch zum Kauf von kuschelweichen Dreilagenbinden samt absorbierender Wunderwirkungen verleiten.
Nein, das steht einem Kantus nicht zu Gesicht und bereits die ersten Töne von „Increase“ (Klassisches Piano kombiniert mit einem per Besen gespieltes Schlagzeug und jede Menge Holzblasinstrumenten) geben Entwarnung.
Nachdem „Nimbus“ ein recht getragenes, verhaltenes Album war, bombt sich „Elevator“ regelrecht in die Gehörgänge der Hörer mit stellenweise sogar scharfen Jazz-Stakkatos ein. Kein oldfieldsches oder vollenweidersches Musikerlebnis mehr. Die elektrische Gitarre spielt, wenn überhaupt, nur noch eine untergeordnete Rolle, genauso wie die keltische Harfe.
Dafür treten nunmehr jede Menge Streichinstrumente und Melodien auf Martens Musik-Plan, die oft von Bratsche oder Cello in himmlische, leicht verspielte Jazz-Sphären getragen werden und die, um jede Form von Langeweile zu vermeiden, immer wieder auszubrechen versuchen. Ein bisschen Big-Band-Jazz oder Klassik, etwas spätromantische Kammermusik, viel Minimal Music, aber auch elektronische Ausflüge nehmen den Hörer gefangen und ziehen ihn unweigerlich in ihren Bann. Und auf „Neutrino“ kommt sogar ein Akkordeon aus dem Jahre 1935 zum Einsatz. Das alles spielt KANTUS wie gewohnt „live“ und ohne manipulierte, computergesteuerte Rückgriffe auf seinem 24-Spur-Digitalsystem ein.
MARTEN KANTUS ist nicht nur Musiker, sondern auch Denker.
MARTEN KANTUS pfeift nach wie vor auf die Musikindustrie und verschenkt dieses, wie auch seine zehn vorherigen, Alben an all die Leute, die seine Musik mögen und garantiert irgendwann auch lieben werden, indem er sie gratis oder gegen eine kleine freiwillige Spende zum Download auf seiner Homepage anbietet.
FAZIT: MARTEN KANTUS ist in jeder Beziehung progressiv, also fortschrittlich, und nach wie vor der idealistische Weltverbesserer, der an sich und seine Musik glaubt, ohne finanziell davon profitieren zu wollen. Eigentlich müsste man dafür eine „Schublade“ erfinden, auf der „ehrliche Musik eines multiinstrumentellen Perfektionisten“ steht.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Increase
- Neutrino
- Elevator
- Montuiri
- Ivorytower
- Bass - Marten Kantus
- Gitarre - Marten Kantus
- Keys - Marten Kantus
- Schlagzeug - Marten Kantus
- Sonstige - Marten Kantus (Keltische Harfe, Viola, Violoncello, Klarinette, Flöte, Saxofone, Akkordeon, Kalimba, Xylophon, Sequenzer, virtuelles Orchester)
- Echology (2003) - 11/15 Punkten
- Insomnia (2004) - 7/15 Punkten
- Celluloid – Music For Imaginary Films (2005) - 13/15 Punkten
- Male (2006) - 14/15 Punkten
- Catwalk (2007) - 12/15 Punkten
- Stratify (2007) - 10/15 Punkten
- Pulmonaire (2008) - 10/15 Punkten
- Airframe (2009) - 10/15 Punkten
- Rotorhead (2010) - 12/15 Punkten
- Nimbus (2011) - 11/15 Punkten
- Elevator (2012) - 13/15 Punkten
- Apostle (2013) - 11/15 Punkten
- Necessary Music (2014) - 13/15 Punkten
- Requiem (2015) - 6/15 Punkten
- Refugi (2016) - 12/15 Punkten
- North (2021) - 13/15 Punkten
- Larynx (2021) - 11/15 Punkten
- Juvenilia (2021) - 12/15 Punkten
- Counterpose (2022) - 12/15 Punkten
- Earthtones (2023) - 12/15 Punkten
- Salvation (2024) - 11/15 Punkten
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keine Interviews
Kommentare | |
Mirko
gepostet am: 13.08.2012 |
Endlich komme ich mal wieder dazu, auf meiner Lieblingsreziseite meinen Senf abzugeben. *gg*
Danke für die Erinnerung, dass es etwas Neues von ihm gibt. Bin gespannt. |